Tragödie von Jean Racine
Deutsch von Herbert Meier, Mitarbeit Yvonne Meier-Haas
Inszenierung: Thomas Reichert
Bühnenbild und Kostüme: Nina Ritter
Dramaturgie: Peter Rüedi
Nero: Norbert Schwientek
Britannicus: Peter Kremer
Agrippina: Maria Becker
Junia: Susanne Bialucha
Burrus: Peter Ehrlich
Narcissus: Rene Scheibli
Albina: Renate Steiger
Wachen: Christian Billinger, Edgar Dal-Ponte, Alfred Eggenschwiler, Alfred Oswald
Dienerinnen: Juana Zünd, Maria Frauenlob
Foto: Leonard Zubler
Kritiken
Hg. Februar 1985
Man sieht und hört wirklich Racine, das ist vor allen Einschränkungen, die man anbringen mag, zugunsten dieser Inszenierung von Thomas Reichert zu sagen. Es werden zwar keine Alexandriner gesprochen, sondern die Allzweckjamben von Herbert Meier, der grosse Atem des Originals ist aber in manchen Reden zu spüren. Und die Annäherung an ein erhabenes Gestenspiel ist nicht frei von
Ausrutschern, durch die manche Pose zur Posse wird, und doch überwiegt das Sinnfällig-Einleuchtende, vor allem inder Aktion der Hauptgestalt, die nicht Britannicus, sondern Nero ist.
Der noch junge Nero, der eben erst der Herrschaft seiner Mutter Agrippina und der Lenkung seineredel gesinnten Erzieher und Berater entwächst und die Macht, mit der man ihn ausgestattet hat, zu geniessen und zu missbrauchen beginnt...
Gerda Benesch, Februar 1985
Im Zuge der Wiederentdeckung und neuen Wertschätzung der barocken Oper geht man bei uns nun auch im Schauspiel daran, Barockes auf Spielbarkeit und Neuadaption für die Bühne zu durchforsten und ist, wie könnte es auch anders sein, auf den großen französischen Klassizisten des „grand siecle", Jean Racine, gestoßen, der im deutschen Sprachraum nie sehr stark Fuß gefaßt hatte.
„Britannicus" ist eigentlich die Geschichte Neros, seines Machtkampfes, den er mit seiner Mutter Agrippina ausfocht, wobei er im Zuge seiner absoluten Machtansprüche auch gleich den lästigen Rivalen, den eigentlichen und rechtmäßigen Erben des Kaiserthrones, Britannicus, beseitigte. Die Tragödie ist, nach barocker Sitte, ein Rededrama, in dem „Arien" gesungen werden, dazu die „Rezitative", in denen die Handlung weitergetrieben werden soll.
Thomas Reichert hat sehr genau und präzise inszeniert, wobei er das Barocke keineswegs zu vertuschen suchte, im Gegenteil, er unterstrich im richtigen Maße das Historische dieser Stückgattung ...