Thomas Bernhard
Inszenierung, Bühne, Kostüme: Thomas Reichert
Dramaturgie: Marc Steinbach
Karl, ein alter Artist: Gerhard Balluch
Robert, sein Bruder, ein alter Schauspieler: Ernst Prassel
Kritik
Maria Spitz, Kleine Zeitung, 11.03.2003
Trauerarbeit. Dienstags bei Karl – am Donnerstag bei Robert: Der "Tellerkünstler" und der Mime mit dem S-Fehler in Thomas Bernhards "Der Schein trügt" gehören zu den liebenswertesten Figuren im Kuriositätenkabinett des Ohlsdorfer Grantlers. Das ungleiche Brüderpaar teilte sich die kürzlich verstorbene Lebensgefährtin Mathilde und trifft sich zweimal wöchentlich zu Trauerarbeit und subtilen
Stichelei. Bewährte Stützen.
Mit akkurater Personenzeichnung inszeniert der Klassiker- und Bernhard-Experte Thomas Reichert das 20 Jahre alte Stück erstmals auf der Probebühne des Grazer Schauspielhauses. Naturgemäß stehen ihm dafür mit Gerhard Balluch als "Selbstgesprächskünstler" und Ernst Prassel als hypochondrischem Schauspieler zwei bewährte Stützen des Ensembles zur Verfügung. Tragikkomische Kauze.
Balluch glänzt in den Posen der Selbsterhöhung und knirscht, weil Mathilde das "Wochenendhäuschen" dem Bruder vererbt hat. Prassel hingegen beherrscht den majestätischen Gang eines Schauspielers noch immer, auch wenn er sich den "Lear" nicht mehr merken kann . . .